Arbeitslosengeld: Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe

Sozialversicherungsrechtliche Folgen bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen

Darmstädter Echo vom 02.02.2010 – Die sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen einer Kündigung oder einer Beendigungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer können gravierend sein und werden oftmals unterschätzt.

Im deutschen Arbeitsrecht steht der Schutz der Arbeitnehmer stark im Vordergrund. Insbesondere das Kündigungsschutzgesetz stellt hohe Anforderungen an die Wirksamkeit von arbeitgeberseitigen Kündigungen. Obwohl anerkannt ist, dass die Reduzierung von Personal gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erforderlich werden kann, halten viele Kündigungen einer gerichtlichen Überprüfung durch die Arbeitsgerichte nicht stand. Um dieser Problematik aus dem Weg zu gehen, versuchen Arbeitgeber daher vielfach, sich mit dem betroffenen Arbeitnehmer wegen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses einvernehmlich zu einigen. Für die Aufgabe seines Arbeitsplatzes erhält der Arbeitnehmer eine Abfindung und andere Vorteile wie beispielsweise eine Freistellung von der Arbeit.

Bei einem solchen Vorgehen sollten sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer jedoch unbedingt etwaige Kürzungen des Arbeitslosengelds in ihre Überlegungen miteinbeziehen.

Gemäß § 144 Abs.1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn er ohne wichtigen Grund das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Kündigung gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Die Regelung verfolgt den Zweck, dass die Solidargemeinschaft der Versicherten davor geschützt wird, dass Arbeitnehmer Leistungen in Anspruch nehmen, die ihre Arbeitslosigkeit selbst verschuldet haben. Die Sperrzeit beträgt in der Regel zwölf Wochen. Die gesamte Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes verkürzt sich dann um mindestens ein Viertel.

Nach der Rechtsprechung löst nur ein aktives Verhalten des Arbeitnehmers eine Sperrzeit aus. Zu nennen wären in dieser Hinsicht insbesondere ein vertragswidriges Verhalten, das eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigt, eine Eigenkündigung oder der Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Ein rein passives Verhalten wie beispielsweise die bloße Hinnahme einer Arbeitgeberkündigung, ohne dass Kündigungsschutzklage erhoben wird, reicht nicht aus. Allerdings kann die Hinnahme einer Kündigung, die offensichtlich rechtswidrig ist, einen ersten Hinweis auf eine aktive Beteiligung des Arbeitnehmers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses liefern.

Eine Sperrzeit ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn für den Arbeitnehmer ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses vorliegt. Unter diesem Gesichtspunkt bieten sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. So wurde es vom Bundessozialgericht als anerkennenswerter, wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages angesehen, wenn der Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen Kündigung droht, und dem Arbeitnehmer das Abwarten der Kündigung nicht zumutbar ist. Auf die offensichtliche Rechtmäßigkeit einer in Aussicht gestellten Arbeitgeberkündigung soll es nach dem Bundessozialgericht in der Regel sogar überhaupt nicht ankommen, wenn eine Abfindung von nicht mehr als 0,25 bis 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr vereinbart wird und die zu beachtende Kündigungsfrist eingehalten wird.

Auch wenn die Arbeitgeberkündigung bereits mit einem Abfindungsangebot verbunden wurde oder wenn die Parteien sich auf einen arbeitsgerichtlichen Vergleich einigen, wird zumeist keine Sperrzeit verhängt. Zu warnen ist aber grundsätzlich vor besonders „cleveren“ Gestaltungen. Missbrauch und Manipulationen können schnell als (versuchter) Betrug zu Lasten der Sozialversicherungsträger gewertet werden.

Die Thematik ist komplex und leider verbieten sich vielfach schematische Lösungen, da stets gewisse Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Auch steuerrechtliche Aspekte spielen eine (wichtige) Rolle.

Im Zweifel sollte im Falle einer in Aussicht gestellten Kündigung daher bereits frühzeitig ein mit der Materie bestens vertrauter Rechtsanwalt hinzugezogen werden.

Christian P. Kuhn, Rechtsanwalt, Wellmann & Kollegen, Darmstadt

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