Doppelte Besteuerung von ausländischem Kapitalvermögen im Erbfall zulässig

Darmstädter-Echo vom 28.04.2009 – Nach einem aktuellen Urteil des EuGH verstößt es nicht gegen EU-Recht, wenn die in Spanien bereits entrichtete Erbschaftsteuer auf dort angelegtes Kapitalvermögen nicht auf die in Deutschland zu zahlende Erbschaftssteuer angerechnet wird, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens in Deutschland ansässig war. (EuGH, Urt. v. 12.2.2009, C-67/ 08). In der doppelten Belastung einer Erbschaft in zwei Mitgliedsstaaten der EU sieht der EuGH keinen Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Vorgaben.

Die in Deutschland wohnende Klägerin war Alleinerbin des zum Zeitpunkt seines Ablebens ebenfalls in Deutschland wohnenden Erblassers. Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus Kapitalvermögen, das zu einem Teil in Deutschland und zum anderen Teil bei Finanzinstituten in Spanien angelegt war. Sowohl der spanische als auch der deutsche Staat hatten auf das in Spanien angelegte Geld Erbschaftsteuer erhoben.

Das deutsche Finanzamt berücksichtigte die spanische Steuerschuld dabei lediglich als Nachlassverbindlichkeit. Die Voraussetzungen für eine Anrechnung der in Spanien gezahlten Erbschaftsteuer nach § 21 ErbStG hätten im Streitfall nicht vorgelegen. Der EuGH hatte letztlich über die Frage zu befinden, ob die aus der fehlenden Anrechnungsmöglichkeit resultierende Doppelbelastung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.

Der EuGH verneinte diese Frage jedoch. Es ist nach Auffassung des EuGH nicht zu beanstanden, wenn die in Spanien und in Deutschland anzuwendenden Steuergesetze nach der jeweiligen nationalen Bestimmung zu einer Besteuerung sowohl in dem einen als auch in dem anderen Mitgliedstaat führen. Das Gemeinschaftsrecht schreibe nach seinem gegenwärtigen Entwicklungsstand in Bezug auf die Beseitigung einer Doppelbesteuerung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft keine allgemeinen Kriterien für die Kompetenzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor.

Der EuGH erkennt auch, dass es infolge der fehlenden Anrechenbarkeit der im Ausland entrichteten Erbschaftsteuer zu einer höheren Steuerbelastung kommen kann. Dieser Steuernachteil ist aber Folge des Umstandes, dass die beiden betroffenen Mitgliedstaaten ihre Besteuerungsbefugnis parallel zueinander ausgeübt haben, und zwar so, dass der eine, nämlich die Bundesrepublik Deutschland, sich dafür entschieden hat, auf Kapitalforderungen dann die deutsche Erbschaftsteuer zu erheben, wenn der Gläubiger, also der Erbe, seinen Wohnsitz in Deutschland hat, während der andere, also das Königreich Spanien, die Entscheidung getroffen hat, auf solche Forderungen die spanische Erbschaftsteuer dann zu erheben, wenn der Schuldner, also die Bank, in Spanien ansässig ist. Die Anknüpfung der Besteuerung an den Wohnsitz des Erben ist laut EuGH nicht weniger vernünftig als die Anknüpfung an den Sitz der Bank.

Bis heute sind zwischen den Mitgliedstaaten wenige Harmonisierungsmaßnahmen zur Vermeidung solcher Doppelbesteuerungen ergriffen worden. Vor dem Hintergrund dieses Urteils sollten private Kapitalanlagen im EU-Ausland überprüft werden, um die Gefahr einer Doppelbesteuerung zu vermeiden. Schon bei der Nachlassplanung sollte für ausländisches Kapitalvermögen, also z.B. für Bankguthaben, geprüft werden, inwieweit sich daraus steuerliche Nachteile im Erbfall ergeben.


Rechtsanwälte Wellmann & Kollegen, RA Christian P. Kuhn, Darmstadt

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