Fohlenkauf mit überraschender Wende

Ein Einblick in die tägliche Praxis des Pferderechts vom Landgericht zum Bundesgerichtshof

Im vorliegenden Fall begehrte die Klägerin die Anpassung eines Kaufvertrages über ein Fohlen wegen Störungen der Geschäftsgrundlage. Die Klägerin veräußerte ein Hengstfohlen an die Beklagte, der berühmte Vater des Fohlens hatte zuvor die Hengstleistungsprüfung mehrfach nicht bestanden. Aufgrund dieses Umstandes erhielten sämtliche Nachkommen dieses Hengstes keine vollwertige Zuchtbescheinigung, sondern lediglich eine minderwertige (weiße) Geburtsbescheinigung. In den Kaufvertrag war konkret aufgenommen worden, dass es sich bei dem Vater des Fohlens um einen gekörten Hengst handelte, der jedoch seine Hengstleistungsprüfung nicht erfolgreich abgelegt hatte. Demzufolge seien die Nachkommen dieses Hengstes nicht im Zuchtbuch 1 eintragungsfähig. Bei Abfassung des Kaufvertrages über das streitgegenständliche Fohlen war sowohl der Klägerin, als auch der Beklagten bekannt, dass der Vater des Fohlens zwar durch die Hengstleistungsprüfung durchgefallen war, aber die potenzielle Möglichkeit bestand, diese noch bis zur Vollendung des 4. Lebensjahres zur absolvieren. Für beide Parteien überraschend bestand der prominente Hengst dann im Spätherbst desselben Jahres in Osteuropa im mehrfachen Anlauf seine Hengstleistungsprüfung. Daraufhin erhielt sodann das streitgegenständliche Fohlen eine volle Zuchtbescheinigung. Die im Ausland durchgeführte Hengstleistungsprüfung wurde seitens des Deutschen Verbandes anerkannt. Daraufhin wandte sich die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte und forderte diese unter Fristsetzung dazu auf, einer nachträglichen Vertragsanpassung zuzustimmen. Die Klägerin forderte von der Beklagten eine hohe 5-stellige Summe, dabei behauptete sie, sie hätte das streitbefangene Fohlen für den nahezu 10-fachen Betrag veräußern können, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon klar gewesen wäre, dass eine volle Zuchtbescheinigung für dieses Pferd habe ausgestellt werden können. Die Klägerin behauptete ferner, dass das Fohlen nunmehr entgegen jeder Erwartung beider Parteien eine Zuchtbescheinigung erhalten habe. Der Fall, dass ein prominenter Hengst nach mehrfacher Wiederholung der Hengstleistungsprüfung diese plötzlich im Ausland besteht, sei derart ungewöhnlich, dass dies für beide Vertragsparteien nicht vorhersehbar gewesen sei. Da die Klägerin glaubte, diesen Anspruch mit Erfolg durchsetzen zu können, verweigerte sie sogleich die Herausgabe der Eigentumsurkunde und des Equidenpasses an die Käuferin des Fohlens, die nachweislich den vereinbarten Kaufpreis bereits gezahlt hatte. Diesem Gedankengang folgend, beantragte die Klägerin, die Beklagte dazu zu verurteilen, ihr einen 5-stelligen Betrag nachzuzahlen, was sodann bei dem zuständigen Landgericht beantragt wurde. Die von mir vertretene Beklagte sah dies (vollkommen zurecht) komplett anders, denn schließlich hatte sie sich an die vertraglichen Absprachen und insbesondere auch an Ihre Zahlungsverpflichtung gehalten. Demzufolge wurde seitens unserer Kanzlei Klageabweisungsantrag gestellt, verbunden mit der Widerklage, die Klägerin zu verpflichten, an die von uns vertretene Fohlenkäuferin den Pferdepass und die Eigentumsurkunde herauszugeben, sowie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Nach einem mehrmonatigen Verfahren und den entsprechenden Hauptverhandlungsterminen beim zuständigen Landgericht entschied dieses sodann in Übereinstimmung mit der unsererseits vertretenen Rechtsposition, dass der Klägerin der behauptete Anspruch auf Anpassung des Vertrages nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nicht zusteht. In der Urteilsbegründung führte das Gericht – unserem eigenen Vortrag folgend – aus, dass beiden Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt war, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, eine Hengstleistungsprüfung unter gewissen Voraussetzungen zu wiederholen. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Fohlenkaufvertrages war der Hengst noch altersgemäß in der Lage, zumindest noch 1/2 Jahr lang seine Hengstleistungsprüfung nachzuholen. In einer solchen Konstellation kann eben gerade nicht von unvorhersehbaren Umständen und damit auch nicht vom Wegfall der Geschäftsgrundlage gesprochen werden.Insoweit wies das erkennende Landgericht den von der Klägerin behaupteten Anspruch ab und bestätigte damit die unsererseits vertretene Rechtsauffassung.Trotz der klaren Rechtslage wandte sich die Klägerin, anwaltlich vertreten, sodann an das Oberlandesgericht und beantragte, das ablehnende Urteil des Landgerichts aufzuheben und der ursprünglich gestellten Klage stattzugeben. Auch das Oberlandesgericht gab der von unserer Kanzlei vertretenen Rechtsauffassung statt und wies, wie von uns beantragt, die Berufung zurück.Gegen diesen, die Klage ablehnenden Beschluss des Oberlandesgerichts, wandte sich die Klägerin schlussendlich mit einer Nichtzulassungsbeschwerde an den Bundesgerichtshof. Der Bundesgerichtshof wies sodann die Nichtzulassungsbeschwerde zurück, womit das Urteil dann letztlich endgültig rechtskräftig wurde. Es bleibt also folgendes festzuhalten: Auch wenn sich nach Vertragsschluss, möglicherweise für eine Vertragspartei überraschend, die Eintragungsfähigkeit eines Fohlens in das Zuchtbuch 1nachträglich ergibt, so besteht dennoch kein Anspruch auf Anpassung des Vertrages, vor allem dann, wenn diese Möglichkeit objektiv vorhersehbar war.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen hiermit einen spannenden Einblick in die tägliche Arbeit unserer Kanzlei vermitteln, sollten beim Lesen dieses Artikels oder in sonstiger Weise Fragen auftauchen, freuen wir uns über Ihre jederzeitige Kontaktaufnahme.

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André Hascher

Rechtsanwalt

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