Verkehrsüberwachung – Schutz für die Verkehrssicherheit oder pure Abzocke?

Darmstädter Echo Spezial "Ihr Recht" vom 08.11.2011

Verkehrsüberwachung – Schutz für die Verkehrssicherheit oder pure Abzocke?

Die Verkehrskontrollen haben in Deutschland auch in den letzten Jahren wieder zugenommen. Für den Staat und die Kommunen bedeutet dies deutschlandweit Einnahmen in Milliardenhöhe für die oftmals gebeutelten Haushaltskassen. Die erhobenen Verwarnungsund Bußgelder finanzieren dabei aber nicht nur die Verkehrsüberwachungsabteilungen, sondern sind zu einer festen Einnahmequelle im kommunalen Etat geworden.

In der Bevölkerung kommen dadurch auch Zweifel auf, ob die Verkehrskontrollen tatsächlich immer und ausschließlich unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit und der Verkehrserziehung durchgeführt werden. Hinzu kommt, dassman in den Medien immer wieder von Fehlern bei der Verkehrsüberwachung hört und liest. Fehler bei der Auswertung, unsachgemäß aufgestellte Messstellen, zu hohe Messergebnisse durch Bedienungsfehler und falsch ausgestellte Bußgeldbescheide sind keine Seltenheit.

Tatsächlich werden also – mag die Verkehrsüberwachung unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit auch unverzichtbar sein – viele unschuldige Autofahrer zur Kasse gebeten. Bei geringfügigen Straßenverkehrsverstößen, z.B. wenn „lediglich“ ein Verwarnungsgeld bis 35 Euro verhängt wird, kann es unter Umständen ratsamer und kostengünstiger sein, den Verstoß zu akzeptieren und das Verwarnungsgeld zu bezahlen, insbesondere wenn kaum Zweifel bestehen, dass man tatsächlich schneller als erlaubt unterwegs war.

Ist man aber der Meinung, der Vorwurf kann nicht stimmen, oder geht es in den Bereich der Bußgelder und Punkte in Flensburg, kann es sich lohnen, die Angelegenheit durch einen im Verkehrsrecht erfahrenen Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Nur dieser hat die Möglichkeit Akteneinsicht zu nehmen.

Gegen einen Bußgeldbescheid ist innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung Einspruch einzulegen, damit der Bußgeldbescheid nicht rechtskräftig wird. Hat man nicht schon davor einen Rechtsanwalt eingeschaltet, so empfiehlt es sich spätestens jetzt, da nur durch eine Akteneinsicht überhaupt Anhaltspunkte für etwaige Fehler der Behörde gefunden werden können.

Nicht nur mögliche Fehler bei Messergebnissen und berechtigte Zweifel an der technischen Zuverlässigkeit der Messgeräte bieten Anlass zur Überprüfung, sondern in Einzelfällen auch Einwände gegen die Standorte der Blitzanlagen. So ist in der Regel ein Mindestabstand von 150 Meter zum vorausgegangenen Geschwindigkeitsschild einzuhalten. Dieser darf unterschritten werden, wenn es sich um eine Gefahrenstelle oder einen Unfallschwerpunkt handelt. In Ausnahmefällen können die Abstände also auch kürzer sein. Das ist jeweils von den örtlichen Verhältnissen im Einzelfall abhängig. Die Auswahl der Messstelle hat sich jedenfalls immer an den Bedürfnissen der Verkehrssicherheit, nicht aber an irgendwelchen monetären Interessen auszurichten.

Der in einem Bußgeldverfahrenen beauftragte Rechtsanwalt kann überprüfen oder durch einen Sachverständigen überprüfen lassen, ob die Verkehrsüberwachung und das Bußgeldverfahren rechtmäßig und fehlerfrei durchgeführt wurden. In solchen Fällen lohnt sich auch eine gute Verkehrsrechtsschutzversicherung. Diese übernimmt in der Regel neben den Anwalts- auch außergerichtliche und gerichtliche Gutachterkosten zur Überprüfung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen.

Aber auch ohne Rechtsschutzversicherung kann sich der Gang zu einem Rechtsanwalt lohnen. Der Rechtsanwalt berät sie auch über anfallende Kosten und bestehende Risiken.

Die Ermittlung und Ahndung von Verkehrsverstößen darf in jedem Fall kein Selbstzweck und schon gar kein Finanzierungsinstrument öffentlicher Kassen sein.

Carsten Jakob
Rechtsanwalt/ Partner der Sozietät
Wellmann und Kollegen in Darmstadt

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